1927: DER GROSSE SPRUNG
...ins Filmleben
Nach seinem Film „Der heilige Berg“ wird der Regisseur Arnold Fanck von der Produktionsfirma UFA beauftragt einen „nach Sensation“ riechenden Film zu machen. Er schreibt daraufhin das Manuskript für eine „abendfüllende Groteske“ à la Chaplin und Buster Keaton.
ÜBER DEN FILM:
In „Der große Sprung“ fährt der junge, an eingebildeten Krankheiten leidende Berliner Millionär Michael Treuherz (Hans Schneeberger) auf Anraten seines Arztes ins Hochgebirge. Dort trifft er auf die Ziegenhirtin Gita (Leni Riefenstahl) und verliebt sich prompt in sie. Doch da gibt es noch den jungen Bauernburschen Toni (Luis Trenker). Auch er versucht Gita zu erobern. Bis Michaels angebetete Ziegenhirtin seine Werbung erhört muss der schüchterne Millionär erst schwierigste Kletterpartien überstehen und ein verwegenes Skirennen gewinnen. Dies gelingt ihm letztendlich nur durch die ideen- und trickreiche Unterstützung seines treuen Dieners Paule (Paul Graetz).
WALTER RIML´s "großer Sprung ins Filmleben"
Gedreht wurden die Sommeraufnahmen des Films in den Dolomiten und die Skiszenen im Arlberggebiet bei Stuben und Zürs.
Walter Riml trifft das Filmteam am Arlberg und wird von Fanck als Träger, Kameraassistent und Skifahrer engagiert. Schnell kann er den Regisseur von seinem skifahrerischen Können überzeugen und mit seinem komödiantischen Talent begeistern. Und so verwundert es nicht, dass Walter Riml von Arnold Fanck nur kurze Zeit später für dessen nächste Skikomödie "Der weiße Rausch" als Schauspieler engagiert wird. Darüber hinaus erhält er von Arnold Fanck noch das Angebot zur Ausbildung als Kameramann und beginnt diese Ausbildung als Kameraassistent noch während der Dreharbeiten.
REZENSION:
Wir haben den Film bereits mehrmals gesehen. Unseres Erachtens ist der "Große Sprung" nicht nur eine flotte Komödie, sondern spiegelt auch das amouröse Verhältnis zwischen Fanck-Trenker-Riefenstahl wieder.
Mit beiden Männern hatte Riefenstahl ein Verhältnis, kurze Zeit später dann auch eine Beziehung mit Schneeberger.
Im Film wird der Zuseher durch oftmals anzügliche, ja voyeuristische Aufnahmen Zeuge dieser amourösen Verbindungen. Vergegenwärtigt man sich bspw. die verschiedenen Szenen mit Riefenstahl am Karersee oder im Gebirgsbach wird dies überdeutlich. Fast ausnahmslos ist Riefenstahl im „Wet-T-Shirt“, wie man heute sagen würde, zu sehen. Oder ihre Kletterei auf die Fensterletürme: von unten schaut die Kamera lustvoll zwischen ihre Beine. Oben sitzt Riefenstahl dann stets breitbeinig auf der Felsnadel.
Ein wenig verwundert zunächst, dass Luis Trenker in der Rolle des „Toni“ einen plumpen und leicht zu überlistenden Bauerntölpel mimen muss. Durchaus erklärbar jedoch, wenn man das bereits angespannte Verhältnis zwischen Trenker und Fanck zur Zeit der Dreharbeiten berücksichtigt. Ihre Zusammenarbeit war nach diesem Film auch beendet.
Paul Graetz, ein damals sehr bekannter Kabarettist bietet in diesem Film eine unübertreffliche Komik. Einfach herrlich wie durch seine gekonnt reduzierte Mimik die verschiedenen Szenen grotesk gesteigert werden! Auch sein Part belebt den Film aufs Köstlichste. Hans Schneeberger, im Film der schüchterne Michael Treuherz, war von Haus aus kein Schauspieler sondern Kameramann. Umso erstaunlicher, wie wunderbar komisch er seine Rolle lebt. Vermutlich ist gerade die Zusammenarbeit, das Zusammenspiel mit Paul Graetz dafür mit verantwortlich. Ganz fantastisch, bewundernswert und besonders hervorzuheben sind natürlich Hans Schneebergers tollkühne Leistungen auf Skiern!
Schaut man den Film „Der große Sprung“ weiter aufmerksam an, so fällt auf, dass Walter Riml, als bis dato völlig Unbekannter und erst spät zum Film Dazugekommener, in den Winterszenen recht häufig zu sehen ist. Auch im Filmprogramm oder auf verschiedenen Plakaten ist Walter, gemeinsam mit Hans Schneeberger "in voller Größe", er war 2.05 m groß, abgebildet.
Es scheint, dass hier bereits die Idee zu den späteren Figuren Tetje & Fietje (Walter Riml + Guzzi Lantschner) in den Filmen "Der weiße Rausch", "Abenteuer im Engadin" und "Nordpol-Ahoi!" geboren wurde und Walter Riml quasi, ob seiner Größe und sicherlich auch wegen seines Humors, Pate stand für die Fanck´sche Antwort auf das Dänische Komikerduo Pat & Patachon.
FAZIT:
Vor allem durch die an Tollkühnheit kaum zu überbietende Leistung des Hauptdarstellers Schneeberger auf seinen Skiern und das grandios spitzbübisch-komödiantische Spiel des Berliner Kabarettisten Paul Graetz, gelang Arnold Fanck mit „Der große Sprung“ eine rasante Groteske in allerbester Slapstick-Manier.
Wir bedanken uns sehr herzlich bei Herrn Direktor Ernst Szebedits und den überaus hilfsbereiten und kompetenten Mitarbeitern der Murnau - Stiftung in Wiesbaden die freundliche Genehmigung zur Verwendung von Aushangfotos und anderen Dokumenten zum Film "Der große Sprung".